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Was ist denn das Wichtigste?

Foto vom SäulendurchgangKaum ist mein Mann zur Tür raus, rattert es in meinem Kopf. Toll, er ist das ganze Wochenende weg und ich habe mal wieder das Haus für mich. Blitzschnell schlägt dieses positive Gefühl um. Gedanken von Ruhe und meiner Ordnung in den vier Wänden verwandeln sich in hektische Aufträge: Haus putzen, Steuererklärung machen, endlich die Wäsche wegbügeln, die To-Do-Liste abarbeiten, sich mit Freundinnen treffen….. Ich bin wieder drin im alten Hamsterrad. Das ist meins, denn keiner erteilt mir diese Aufträge. Der Slogan „Das Wichtigste zuerst“ ist auf einmal nicht mehr klar. Was ist denn jetzt wirklich wichtig? Deshalb setze ich mich hin und schreibe auf, was die alten Geister der Alkoholkrankheit von einem Moment auf den anderen mit mir machen. Ich bin auf einmal nicht mehr wichtig. Spüre mich nicht mehr, obwohl die Fäden von der Operation der letzten Woche noch nicht gezogen sind. Die Erkältung, die mich schon seit zwei Monaten begleitet, gehört auch wie selbstverständlich zu mir. Alte Stimme: „Stell dich nicht so an, schau mal, was ich schon auf meinen Schultern hatte und trotzdem alles erledigt habe.“ HALT! So bin ich aufgewachsen und so habe ich viele Jahre in der alkoholkranken Umgebung gelebt, das will ich doch gar nicht mehr und kann es auch besser.
Ich nehme mir die Zeit, stoppe diese lange Liste meiner Ansprüche an mich. Mein Partner hat sie gar nicht. Er möchte, dass ich es mir gut gehen lasse. Die anderen alten Auftraggeber leben meist schon nicht mehr, also was soll dieses Kopfkino?
Mit dem Aufschreiben kommt Ruhe in mir auf. Ich steige aus, verabschiede die stimmgewaltigen Kopfbewohner und schicke sie in das heutige Grau des Tages.
Der Kopf ist frei und ich weiß wieder, was das Wichtigste ist. Nein, wer das Wichtigste ist: ICH. Die Alkoholkrankheit ist körperlich, seelisch und geistig. Sie kommt nur zum Stillstand und ich werde nicht von ihr geheilt, wie ich immer wieder erlebe. Dank Al-Anon habe ich jedoch Werkzeuge, die mich über kurz oder lang in die Lage versetzen, besser mit mir umzugehen und mich ernst zu nehmen.
Jetzt geht es mir gut, eine Al-Anon

2 Kommentare

  1. Sabine P. schrieb:

    Danke. Ich kenne auch diese geschäftige Hektik. Dann denke ich zwar an „das Wichtigste zuerst“,finde heraus, was das Wichtigste ist und beginne damit.
    Aber jetzt kommt bei mir als neue Erkenntnis an, daß ich das Wichtigste bin und nicht die Sache, die zu erledigen ist.
    So wirkt Al-Anon. Eine erzählt von sich und ich profitiere dadurch.
    LG und g24std.
    Sabine P.

    Sonntag, 6. Mai 2018 um 21 | Permalink
  2. Heike schrieb:

    Danke für diesen Text! Ja, „geschäftig sein und Kopfkino“ – damit kann auch ich mich wunderbar ablenken…und am besten noch im Kopfkino der anderen sitzen ;))) Aufschreiben und mit meiner Sponsorin teilen hat am Morgen wieder so vieles geklärt. Für heute ist das Wichtigste, dass ich mich darum bemühe, Frieden und Freude in mir zu finden.

    Montag, 14. Mai 2018 um 13 | Permalink
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