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Warum mir Al-Anon wichtig ist

Foto Obwohl es lange her ist, vergesse ich nicht, wie schwierig es war, als mein Ehepartner noch getrunken hat. Mein Augenmerk war voll und ganz auf sein Verhalten gerichtet.
Ob er Dienstschluss hatte oder er zielgerichtet unterwegs war … ich erwartete ihn pünktlich zurück und war jedes Mal enttäuscht. Trotzdem gab ich meine Erwartungen nicht auf. Ich stand am Fenster zum Innenhof hin, um zu sehen, ob er auch den richtigen Eingang nimmt und schaute vorsichtshalber auch zur Straßenseite, ob er von dort kommt.
Wenn er oben an der Wohnungstür war, geriet ich in Verwirrung, denn ich konnte mir vorstellen, wie der Abend weiter verlaufen würde. Genau, er war betrunken. Je mehr er trank, um so redseliger wurde er. Alles, was mein Mann sagte, hatte negativen Inhalt. Mir war es, als würde die Atmosphäre vergiftet sein. Ich sorgte mich darum, daß unsere 4 Kinder möglichst nichts mitbekommen.
Heute weiß ich, daß alle Kinder eine feine Antenne für all dies haben. Am schlimmsten empfand ich, wenn mein Mann von mir verlangte, von den Kindern zu erzählen, was so abgelaufen war, welche Ergebnisse sie in der Schule hatten.
Ein Sohn war recht verhaltensauffällig und brachte oft Einträge mit heim. Wenn er davon erfahren hat, nahm er sich den Jungen vor, beschimpfte ihn und drohte mit Maßnahmen, die ich mir nicht vorstellen konnte, wie z.B. eine Einweisung in ein Heim. Ich ging dann schützend dazwischen, um dem Kind zu versichern, daß ich immer zu ihm stehen werde, egal, was passiert.
Es war eine kaum ertragbare Zeit, als der Alkoholismus noch so nah in unserer Familie war.
Dadurch, daß ich eines Tages in der Zeitung las – es gibt bei uns eine Selbsthilfegruppe für Alkoholiker und auch für Angehörige von Alkoholikern – faßte ich Mut, dort hinzugehen. Unmißverständlich sagte ich meinem Mann:“ Ich gehe in diese Gruppe und was Du machst, ob Du in die andere Gruppe gehst oder nicht, das ist mir egal.“
Ich muß dazu sagen, daß ich bis dahin immer meinem Mann zielsicher empfahl, was er tun kann bzw. sollte; wer ihm helfen kann, wo er hingehen kann. Diesmal überließ ich erstmalig ihm selbst seine Entscheidung.

Und – ich staunte nicht schlecht.
Mein Mann ging genau am selben Tag, von sich aus zu A.A. Ich ging in die Al-Anon Gruppe, und wollte hören, ob ich mich trennen lassen soll oder nicht.
Diese Entscheidung hörte ich natürlich nicht von den anderen. Im Gegenteil, sie empfahlen mir, keine übereilte Entscheidung zu treffen, sondern ab jetzt öfter, mindestens aber 5-7 Mal, in die Gruppe zu kommen. Obgleich ich keine Antwort auf meine Frage erhielt, wußte ich sofort, daß Al-Anon für mich genau das Richtige ist. Ich bin froh, Al-Anon gefunden zu haben und daß wir uns genau nach dem gleichen Programm wie A.A. ausrichten.

So konnte mein Mann trocken und nüchtern werden und ich von der Alkoholkrankheit weitestgehend genesen.

Es ist mir wichtig, weiterhin die Meetings zu besuchen, um mich immer wieder neu auszurichten und in meiner Mitte sein zu können. Ich habe die bestimmte Struktur als Angehörige und kann diese nicht ändern. Aber ich kann mit Hilfe von Al-Anon erreichen, daß die Alkoholkrankheit bei mir zum Stillstand kommt und dabei bleibt.

Schließlich lernte ich durch Al-Anon, daß ich mich nur selbst ändern kann und keinen anderen. Früher waren für mich alle anderen Leute im Blickpunkt.
Heute achte ich nun sehr darauf, für mein eigenes Wohl täglich zu sorgen, auf mich zu schauen.

Sabine

Ein Kommentar

  1. Silke schrieb:

    Danke für die Erinnerung, beim Lesen stand ich im Geiste wieder am Fenster und „schaute meinen Mann heim“. So empfand ich das damals. Mit ähnlichen Worten, wie im Text, wurde ich von meinem neuen Partner sanft aber bestimmt zu Al-Anon geschickt, damit ich von kranken Gewohnheiten ablassen konnte. Es hat sich gelohnt und es lohnt sich immer noch den Weg der Genesung zu gehen.

    Montag, 1. Mai 2023 um 07 | Permalink
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