Zurüruck zum Inhalt

Versöhnung ist möglich

Foto eines gelegten Herzens aus Blumen ausIch bin noch immer etwas erstaunt, dass eine Begegnung mit meinen Eltern in dieser Form überhaupt noch möglich wurde. Seit ca. 1,5 Jahren lebte ich in einer Kontaktpause zu ihnen. Das war für mich eine Entscheidung, die „lebens-not-wendig“ war, genau in diesem Wortsinn. Für mein Leben musste ich damals die Not wenden.
Zum Glück hatte ich Al-Anon schon vor einer Weile gefunden. Ich gehe regelmäßig in Meetings, arbeite in den Schritten und mit meiner Sponsorin. Somit konnte ich in dieser schwierigen Zeit weiter an der Entwicklung meiner Persönlichkeit arbeiten. Ich befreite mich Schritt für Schritt von meiner inneren Verhaftung an ein kindliches Sein, von dem früheren Hoffen auf „meine Eltern sind endlich so, wie ich es brauche und alles wird gut“.
„Wenn ich etwas tue, tut sich was für mich“ – wie wahr! Ich lernte, Verantwortung für mich zu übernehmen und Entscheidungen für mein Leben zu treffen. Nicht mehr zu hoffen und zu warten, jemand anderes würde das für mich machen…oder der andere ändert sich endlich…oder ich mache einfach die Augen zu und das Problem ist weg. Ich beendete das Zusammenleben mit meinem 20-jährigen PC-süchtigen Sohn, nahm meine Essstörung ernst und konnte auch endlich akzeptieren, dass ich nicht mehr in meinem helfenden Beruf arbeiten kann, ohne mich selbst aufzulösen.
Mit diesem späten Wachstumsweg (ich bin Mitte 50) konnte ich auch Gefühle von Zuneigung zu meinen Eltern wahrnehmen. Ich spürte meine Bereitschaft und Kompetenz, ihnen jetzt erwachsen und autonom gegenüber treten zu können; nicht mehr ihrem alkoholkranken Verhalten ausgeliefert zu sein. Ich habe meine Grenzen und trage Verantwortung dafür, sie zu schützen.

Wann und wie nun die Begegnung stattfinden könnte, besprach ich mit meiner Sponsorin und bat meine Höhere Macht immer wieder um Führung. Zweifel nahm ich ernst, und erkannte auch, dass ich doch wieder meinen Willen durchsetzen wollte, es „schnell zu erledigen“ usw.
Dann spürte ich eine klare innere Bereitschaft, die sich in mir ausbreitete und bat meine Eltern um ein Treffen. Ich erhielt das Geschenk eines Nachmittags mit meinen alten Eltern, an dem ich Vergangenes loslassen konnte, Liebe spürbar war und auch Tränen da sein durften.
Ich glaube, so fühlt sich Versöhnung an.
In tiefer Dankbarkeit für unser so weises Programm und alle Menschen, die es leben und weitergeben.
H.

Ein Kommentar

  1. silke schrieb:

    Es war schön, diesen Beitrag zu lesen. Dank Al-Anon war es mir möglich meinen Umgang mit meiner Mutter noch vor ihrem Tod auf eine erwachsene Ebene zu bringen. Ich war kanpp 50 als wir endlich einen Weg gefunden haben, in Liebe und ohne Bedingungen miteinander umgehen zu können. Fünf Monate nach diesem Ereignis konnte ich sie ohne den alten Groll und die Verurteilungen über die Verletzungen aus der Vergangenheit in Frieden loslassen. Welch ein Geschenk.

    Freitag, 22. Juni 2018 um 09 | Permalink
Wir benutzen Cookies, um die Benutzungsfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.