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Mein Verhältnis zu meinen Eltern

Der Beginn…..

Foto einer SeenlandschaftMein Verhältnis zu meinen Eltern war immer ein angespanntes. Als Einzelkind „saß“ ich immer zwischen den Stühlen… Einerseits wollte ich meine Mutter vor den verbalen Attacken meines Vaters schützen und gleichzeitig wollte ich vor ihrer kontrollierenden und „meckernden“ Art fliehen…andererseits es meinem Vater „recht zu machen“, dadurch erhoffte ich Anerkennung und Liebe. So war ich
angepasst, gut in der Schule, einfach „pflegeleicht“. In der Pubertät hielt ich es kaum noch zu Hause aus und wurde unbequemer, in dem ich versuchte meinen Weg zu gehen. Ich wusste auch, dass mein Vater regelmäßig trinkt und versucht, seine Probleme damit „herunter zu spülen“. Sein Liebesentzug und sein Schweigen waren wie Folter für mich. Ich zog bald nach dem Abitur zu Hause aus und versuchte, mich in das Leben zu stürzen.

In der Ehe mit einem Alkoholiker wurde ich nach einem stürmischen, verliebten Beginn immer unsichtbarer, einsamer, bekam zwei Kinder, hatte Haustiere, Beruf, Haushalt, einen wachsenden Schuldenberg und einen trinkenden Mann … und machte mich „dünn“; hörte auf lebendig zu leben und funktionierte nur noch. Erst nach der Scheidung kam ich spät zu Al-Anon und spürte irgendwie, dass ich dort einfach „sein“ durfte.

Ich kam anfangs einfach immer wieder. Etwas war anziehend. Langsam begann mein Wachstum und meine Genesung – meine Herausforderung war und ist „Geduld“ und immer noch das Verlangsamen meines bisherigen Lebenstempos. Mit der Liebe und Unterstützung meiner Sponsorin arbeite ich in meinem Tempo im Programm. Ich „muss“ nichts schon können, wissen oder perfekt sein. Ich darf lernen und üben, dass ich wertvoll bin, einfach „weil ich bin“. Und ich bin nicht mehr alleine. Meine Höhere Macht, mein Gott, wie ich ihn verstehe, ist immer für mich da.

Foto einer SeenlandschaftDie Fortsetzung….

in Anlehnung an eine Textpassage aus: „Entdecke deine Möglichkeiten“ S.36f…..“Ich kam zu Al-Anon nachdem ich meinen trinkenden Mann verlassen hatte (Anm. der Verfasserin) aber es passierte etwas völlig unerwartetes: das Verhältnis zu meinem Vater verbesserte sich (und zu meiner Mutter. Anm. der Verf.) Zuerst begann sich das Verhältnis zu meine Mutter zu verbessern. Ich ging einfach weniger auf ihr „Besserwissen“ ein. Reduzierte die Telefonate oder Begegnungen auf ein gutes Maß für mich. Bat sie, Informationen an die Kinder direkt zu kommunizieren usw. Ich wurde klarer und verhielt mich endlich wie eine erwachsene Frau und Tochter. Heute kann ich mit ihr z.B. gelegentlich in die Sauna gehen und Freude mit ihr haben.

Im letzten Jahr verspürte ich das Bedürfnis, einfach mal einen Abend mit meinem Vater alleine zu verbringen. Etwas, was bisher nicht möglich war. Ich erzählte ihm von meiner Idee und er war gerne dazu bereit. So schenkte ich ihm zu Weihnachten einen „Ausgehgutschein“ in einem gemütlichen Lokal, das ich für ihn ausgesucht hatte. Es gefiel ihm sehr und er fühlte sich wohl.

Hatte ich noch vor nicht langer Zeit überlegt, über meine Kindheit usw. mit ihm zu reden, so spürte ich an diesem Abend einen eigentümlichen Frieden in mir. Obwohl er auch vier Gläser Rotwein trank. Das war seine Sache. Es „machte“ nichts mehr mit mir und es gab plötzlich weder etwas „von damals“ anzuklagen noch „zu klären“. Ich konnte es spüren: Ich bin eine erwachsene Frau – und Tochter eines 81-jährigen alten Mannes. Kein Kind mehr, das „etwas vom Vater will, was er nicht geben kann“. Noch beim Schreiben bin ich überwältigt von diesem Gefühl meiner inneren Versöhnung und einfach Liebe, die ich für ihn empfinde. Wir hatten einen wunderbaren und auch witzigen Abend. Er konnte mir sogar sagen, wie sehr er sich über diesen Abend mit mir freute. Selbst als er kurz protestierte , dass es zu teuer sei und konnte ich ruhig sagen: “Es ist heute meine Einladung“ und er nahm es an.

Gelebte Worte aus der Alateen Präambel……
(…) Wenn wir auch unsere Eltern nicht kontrollieren können, so können wir uns doch von ihren Problemen lösen und sie weiterhin lieben.

Eine Al-Anon, im Februar 2016

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