Al-Anon richtet sich nach dem gleichen Programm wie die Anonymen Alkoholiker. Es ist darin öfter die Rede von Gott. Mich wunderte das anfangs. Aber ich hatte zu der Zeit noch nicht mitbekommen, dass von Gott, – wie wir ihn verstehen -, gesprochen wird.
Jeder kann sich selbst darunter etwas anderes vorstellen – es ist nicht unbedingt der Gott aus dem kirchlichen Bereich gemeint.
Gut – so konnte ich den 3. Schritt unseres 12-Schritte-Programms dann auch verstehen, in dem es heisst: „Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes – wie wir Ihn verstanden – anzuvertrauen.“
Inzwischen weiss ich, wie wichtig dieser Entschluss ist, denn lange genug beherrschte mein Wille alles, was ich tat. Ich dachte Leistungen seien mein Lebensinhalt und dadurch bekäme ich Anerkennung und Zuwendung. In Al-Anon lernte ich nun, mich jemanden unterzuordnen, der immer da ist und mehr weiss und kann als ich.
Ich bin nicht mehr allein mit den Verantwortlichkeiten, die ich habe, mit meinen Sorgen. Das heisst auch, dass ich nicht ständig leistungsorientiert sein muss.
Was habe ich mich früher angestrengt! Ja, es war anstrengend, immer auf neue Ziele hinzuarbeiten. Ich glaubte, Kraft meines Willen, kann ich meine gesteckten Ziele immer erreichen. – Aber es gab dann eine gesundheitliche Grenze, wo mein Wille nicht zählte. Ich musste mich ergeben.
Erst später erkannte ich, wie wertvoll es in so einer Situation ist, nicht zu kämpfen, sondern loszulassen.
Logisch, wenn die Atmungsorgane verkrampfen, verstärkt sich die Atemnot, wenn ich um Luft ringe. Ich wurde demütig, vertraute meiner Höheren Macht und versuchte solche Situationen möglichst entspannt durchzustehen.
Mein Wille war fehl am Platz, der verschlimmerte meine Lage nur noch mehr. Ich bin jetzt dankbar, dass ich Beistand durch diese spirituelle Kraft habe .
In der Gruppe spüre ich oft, dass da etwas ist, was uns verbindet und uns Energie gibt. Auch in der Natur fühle ich mich mit dieser göttlichen Energie verbunden. Mir bedeutet diese Beziehung heute sehr viel.
Früher war ich schnell unsicher. Ich traute meiner Wahrnehmung nicht. Heute weiss ich, dass ich immer die Lösungen bekomme, die für mich gedacht sind. Wenn ich wegen irgendwelcher Probleme mich an denjenigen wende, den ich für sehr weise halte, dann kann ich die aktuellen Probleme durch mein Gebet loslassen und mich wieder meinem Tageslauf zuwenden.
Die Lösung kommt zu mir, ohne dass ich mich zermürbe. Mein Bauchgefühl ist plötzlich sicher und ich weiss, was ich zu tun habe. Zum Beispiel fallen mir die nötigen Worte zu, wenn ich jemandem etwas zu sagen habe.
Ich muss dann nicht mehr ständig im Kopf haben, wie ich das Problem löse. Meist überschlafe ich eine Nacht; dann erhalte ich die Antwort zur Lösung in irgendeiner Art.
Ist es eine umfassendere Angelegenheit, die nicht so schnell zu erledigen ist, braucht es eine gewisse Reifezeit.
Das war so, als ich merkte, es tut mir besser, mich von einer Freundin zu trennen, weil ich mit ihr nicht mehr auf gleicher Wellenlänge bin. Ich sprach in Meetings davon, hielt mit meinem grossen Freund und Beschützer Zwiesprache, wie ich mich trennen kann und wusste eines Tages – ich schreibe ihr einen Brief. Ohne Groll konnte ich mich dann von der Freundin trennen und mich mit liebevollen Wünschen für ihren weiteren Weg verabschieden. Inzwischen habe ich gute Erfahrungen damit, dass meine Gebete erhört werden und sich jeweils sanfte Lösungen ergeben, die trotzdem entschlossen sind.
Dieser Dritte Schritt ist heute in vielen Situationen ein Schlüssel für mich. Ich fühle mich beschützt und viel freier als früher.
Sabine P.