
Über Ostern beschäftigte mich das Thema der Trauer über das Scheitern meiner Träume von heiler Ehe und Familie nochmal tief. Ein Blogartikel und die Arbeit mit dem Buch „Mit dem Öffnen unserer Herzen verwandeln wir unsere Verluste“ halfen mir ein Stück weiter. Ich spürte, dass ich erstmals fähig war, nochmal auf einer tieferen Ebene meine Verluste und geplatzten Träume wahrhaftig zu betrauern. Nicht über den Kopf, sondern die Gefühle zuzulassen. Soweit empfand ich es als heilsam.
Der Vierte Schritt war dann das Thema unseres temporären Telefonmeetings und berührte mich im Nachgang in meinem Inneren nochmal tief. Ich war seit den Feiertagen etwas dünnhäutig und ließ auch ungesunde Gedanken zu… wieder dieses „hätte ich doch damals“ usw. Was war da los? Ich dachte, ich hätte das doch nun alles längst bearbeitet, dazu meine gründliche furchtlose Inventur gemacht, Wiedergutmachung geleistet usw. und war verwirrt, dass ich plötzlich panisch dachte, ich müsse nochmal „richtig“ Wiedergutmachung an meinem Exmann leisten usw.
Wie früher war ich nur im Kopf und versuchte mein inneres Chaos alleine in den Griff zu bekommen. Ich las den ganzen Tag dazu in verschiedenen Werken unserer Literatur, war noch mehr durcheinander, schrieb mal etwas auf, das werde ich doch wohl schaffen, ging in die Natur, versuchte, von „Oben“ etwas zu hören, wollte unbedingt noch ein Missverständnis mit einer Bekannten telefonisch klären, um mich zu entlasten … nichts erleichterte mich oder half mir wirklich… endlich dämmerte es mir, dass ich ein menschliches, verständnisvolles Gegenüber brauchte, ein Mitglied unserer Gemeinschaft… und ich rief gegen Abend meine wunderbare Sponsorin an.
Sie hörte mir zu. Liebevoll half sie mir u.a. bei meinen Erinnerungen, dass ich meinem Exmann gegenüber bereits all das umfassend in einem langen, wertschätzenden Gespräch mitgeteilt hätte. Und auch: es gibt einfach solche „schrägen“ Tage und morgen ist ein neuer Tag. Wesentlich sortierter fand ich sogar Schlaf in dieser Nacht.
Niemand versteht uns so tief, wie jemand, der die Familienkrankheit Alkoholismus in sich trägt und unsere Al-Anon Prinzipien in seinem täglichen Leben anwendet.
Ein dankbares Mitglied von Al-Anon
2 Kommentare
Dünnhäutig, ja, dass trifft es gut. Loslassen, Geduld üben fühlt sich manchmal an, als wäre ich erst gestern in die Gemeinschaft gekommen. Gerade jetzt ist es wichtig, auf die kleinen Erfolge zu schauen, die auch ich ohne Sponsorin/nen und meine Sponsees sicher nicht in der Form erkennen bzw. anerkennen könnte. Danke, dass es uns gibt.
Wieder so wohltuend…gerade in diesen Zeiten diese Zeilen zu lesen, danke! Ich kann und darf immer wieder neu anfangen – auch heute 🙂