
Als das Trinken meines Sohnes außer Kontrolle geriet, konterte ich mit all der Wut, die ich in meiner Kindheit angestaut hatte. Ich hielt Gott Strafpredigten, wollte ihn büßen lassen und mit ihm verhandeln. Ich durchsuchte das Zimmer meines Sohnes; schnüffelte in seinen Schubladen, seinem Wandschrank und seinem Auto; durchwühlte seine Taschen und überprüfte ihn. Wenn er mir näher kam, roch ich an seinem Atem. Ich redete ihm gut zu, setzte ihn herab und drohte ihm. Er log mich an, stahl und zog sich in sein Zimmer zurück. Er war wütend und schloss mich vollkommen aus. Anscheinend hatte ich ihn verloren. Erst als ich wahrnahm, dass ich mich selbst verlor, begannen die Dinge sich zu ändern.
In Al-Anon begann ich zu lernen, mich um mich selbst zu kümmern und mich zu lieben. Es war ein langsamer Prozess, da ich dachte, ich sei nicht liebenswert. Ich fühlte mich wie eine Versagerin – als Tochter und als Mutter. Als mir immer mehr bewusst wurde, wie ich meinen Schmerz durch mein Verhalten auf meinen Sohn übertrug, begann meine Veränderung. Ich zog mich zurück und ließ ihm die Würde und Selbstbestimmung, zu der er berechtigt ist.
Kürzlich erzählte mir mein Sohn, dass er vor einigen Monaten Heroin probiert hätte. Er wartete auf eine Antwort von mir. Ich wartete auf meine Höhere Macht. Anstatt wütend, aufgebracht oder verletzt zu sein, schaute ich in seine Augen und sah meinen kleinen Jungen, meinen Sohn und hörte mich selbst sagen, „Danke, dass du es mit mir teilst. Danke für dein Vertrauen. Ich liebe dich; ich habe dich immer geliebt und werde es immer tun.“
In meiner Zeit vor Al-Anon wäre ich nie in der Lage gewesen zu hören, was er wirklich sagte: „Liebst du mich heute?“
Von Deirdre, New York
Übersetzung und Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von The Forum, Ausgabe November
2022, Al-Anon Family Group Headquarters Inc. , Virginia Beach, VA
2 Kommentare
Puh, welch mich tief berührender und so heilsamer Text, danke!
Wie gut kenne ich dieses übergriffige Verhalten von früher. Und heute, dank meiner Arbeit an mir selbst, darf ich oft einfach die Liebe zwischen uns spüren und täglich üben, meine „Kümmer- und Sorgenkrallen“ aus dem Leben der anderen heraushalten. Da gibt es etwas Größeres, was für uns sorgt und uns alle trägt.
ohje, auch ich kenne das genauso, wie du es beschrieben hast vom zusammenleben mit meiner tochter und ich danke meiner und ihrer HM, dass ich zu al-anon finden konnte und einen ausweg kennenlernen durfte- und meine tochter auch!