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Liebst Du einen Alkoholiker?

Foto Dieser Flyer befand sich in meinem „Willkommen-Paket“ als ich zu Al-Anon kam.

„Mich um mich selbst zu kümmern“ habe ich zuerst gar nicht verstanden, doch halfen mir diese Worte, mich erstmal mit der Krankheit Alkoholismus zu befassen, die meiner damaligen Meinung nach nur meinen Mann betraf. Ich war auf der Suche nach Anleitung, nach „was soll ich bloß tun“ Antworten.

Und fand darin eine Beschreibung, „was ich nicht tun sollte“ und da stand dann genau das, was ich bisher getan hatte.

„Anfangen mit Aufhören“, sagte mir meine Sponsorin, die mich begleitete, als mein Mann noch trank und mich auf die „Warnungen“ in diesem Text hinwies. Der Flyer half mir bei diesem „Anfangen mit Aufhören“, was tatsächlich Veränderungen nach sich zog. Zuerst hörte das allabendliche Gebrüll auf, als ich nicht mehr fragte, „hast du getrunken?“

Es war unheimlich schwierig, nur allein diese einzige Frage nicht mehr zu stellen, aber es war ein Anfang.

In dem Abschnitt „Hilf Dir selbst“ stand das, was ich von meinem ersten Al-Anon Meeting an erfahren durfte: Verständnis, Liebe, Frieden, Ruhe und Zugehörigkeit.

Bei dem Satz „Jeder Mensch, der in der Nähe eines Alkoholikers lebt, steht unter ständigem Druck und ist nervlich überfordert“ fing ich so plötzlich an zu heulen, dass ich mich selbst nicht kannte. Da stand JEDER! Dieses „Jeder“ war die Erlösung aus dieser Einsamkeit aus Wut, Angst, Scham und Verbissenheit.

Und so konnte ich allmählich aufhören zu kämpfen.

Der Satz „Feindseligkeit und Verachtung sind unangebracht und können keine Krankheit heilen“ brannte sich in meinen Kopf.

Viele Meetings und viele Tränen später, war ein „Nein“, als die Polizei mich anrief, mit der Aufforderung, meinen Mann irgendwo abzuholen, das nächste Aufhören. Ich kann mich erinnern, wie ich bei diesem „Nein“ am ganzen Körper gezittert habe. Jedes „Nicht-Tun“ schien mir ein Wagnis, vor allem, meinen Mann zum einen nicht mehr zu retten, zum anderen aber den Notarzt zu holen, als er nicht mehr atmete. Ich lernte, zu unterscheiden und so meinem Mann seine Würde zurückzugeben und sich selbst Hilfe zu suchen.

In meinen ersten drei Al-Anon Jahren und der akuten Trink-Situation konnte ich kaum Literatur lesen, denn ich war selten in der Lage, mich auf Texte zu konzentrieren. Daher waren es diese sechs Seiten, die mein erster, wertvoller Begleiter wurden und mir Trost, Hoffnung und Anleitung gaben.

„Wieder leben lernen“ meint ein Al-Anon Mitglied in dem Flyer. Für mich ist mein heutiges Leben eine Gnade.

Judith, Mitglied bei Al-Anon

Ein Kommentar

  1. Verena schrieb:

    Ich liebe einen schwer kranken Alkoholiker und weiß nicht, wie mit ihm umgehen…

    Mittwoch, 28. September 2022 um 17 | Permalink
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