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Jedes versäumte Meeting tut mir leid

Foto einer rosa BlüteDurch Al-Anon hat sich mein Leben vollständig verändert. Und es hat sich zum Guten verändert. Aber das war nicht immer gleich zu erkennen, sondern es hat sich oft erst nach langer Zeit herausgestellt.
Auf einer Seereise, lernte ich meinen späteren Mann kennen, der an Bord arbeitete. Mir fiel damals auf, dass auf einem Schiff sehr viel Alkohol fließt, der in Mengen und steuerfrei besonders günstig zu bekommen war. Davon „profitierten“ die Passagiere und ein großer Teil der Besatzung. Leider kam es damals auch zu unschönen Szenen an Bord. Aber die Reise war schön und ich sah damals nicht, dass mein späterer Mann bei jeder Gelegenheiteine Bierflasche oder Stärkeres in Händen hielt.
Die Verbindung hielt und ich zog zu ihm in den Norden. Ich kam aus einem Elternhaus, in dem Alkohol nie eine Rolle spielte und dadurch kein Thema war. Im Zusammenleben mit meinem Freund wurde mir trotzdem schnell bewusst, dass er einfach zu oft und manchmal auch zu viel trank. Leider war ich damals der Meinung, dass es mir als Schwäche und Dummheit ausgelegt würde – vor allem von meinen Eltern, die mich schon eindringlich gewarnt hatten, ohne das Wort Alkohol beim Namen zu nennen – wenn ich unsere Beziehung bald wieder beenden würde.
Außerdem war mein Leben im Norden schon interessanter geworden, ich lernte viele Menschen kennen, in meinem Beruf war ich anerkannt, und auch mein Freund hatte nicht nur schlechte Tage. Zwei Jahre später heirateten wir, eineinhalb Jahre später kam unsere Tochter zur Welt und wir zogen wieder in den Süden.
Mein Mann fuhr wieder zur See, um sein Schiffspatent zu vervollständigen und in den Urlaubszeiten waren wir ja eigentlich eine glückliche Familie – abgesehen von wenigen alkoholbedingten Ausfällen meines Mannes. Zweieinhalb Jahre später wurde unser Sohn geboren, wir bauten ein Haus im Garten meiner Eltern und mein Mann verließ die Schifffahrt und machte seinen Kraftfahrzeugmeister.

Während dieser Zeit war auch ich wieder teilzeitbeschäftigt in meiner alten Firma. Es ging uns gut – nur hatte ich das Gefühl, dass ich meinen Mann immer wieder daran erinnern musste, nicht so viel zu trinken. Ich war sorgsam darauf bedacht, dass die Umwelt so gut wie nichts davon mit bekam – keiner sollte merken, wie es um uns stand. Als die Kinder älter wurden ließ das Interesse meines Mannes an ihnen langsam nach. Viele, wenn nicht alle Entscheidungen in Bezug auf die Kinder wurden mir zugeordnet und wenn etwas schief lief, war ich auch immer der Sündenbock. Zu dieser Zeit meinte ich aber immer noch, durch mein manchmal gutes und manchmal böses Zureden könnte ich bewirken, dass mein Mann die Hände vom Alkohol ließ.
Dann erkrankte ich an Krebs, überstand die Erkrankung gut und ruckzuck lief unser Leben wieder in den eingefahrenen Bahnen wie bisher. Aber die Sache war ein Selbstläufer und entwickelte sich immer mehr zum Negativen.
Unsere beiden Kinder bekamen mit den Jahren immer größere Probleme in der Schule und ihr Verhältnis zum Vater wurde schwierig. Meine Tochter begann, ihren Frust laut hinaus zu schreien, mein Sohn litt meist still. Beide Kinder schmissen die Schule – die Schuld hatte ich.
Meine Freundin brachte mich dann auf den „Trichter“ Al-Anon. Und ich packte die Gelegenheit beim Schopfe und war bereits beim nächsten Meeting dabei – bis heute. Jedes versäumte Meeting tut mir leid, da ich weiß, wie ich davon profitiere. Mein Mann ist derzeit – mehr auf meinen Druck hin, weil ich auf Trennung bestanden habe, – nach zwei Alkoholentziehungen in einer Entwöhnungsklinik. Und ich weiß im Moment nicht, wie es weitergehen wird. Aber durch das Programm weiß ich, dass es weitergehen wird, wenn wir unseren Teil dazu beitragen und meine Höhere Macht schaut sicher auf uns.
Herzlichst eure Hanna, eine Al-Anon

2 Kommentare

  1. Silke schrieb:

    Danke für den Beitrag, denn auch ich brauche nach all den Jahren immer wieder meine Portion ansteckende Genesung. Sei es im Meeting oder in Gesprächen mit den Freunden aus dem Programm. Und wenn das alles mal nicht geht, haben wir dieses wunderbare Medium, wo jeder was für sich findet. So versäume ich „eigentlich“ nie ein Meeting, nur meine Gruppenfreunde fehlen mir schon nach kurzer Zeit. Schön, dass es uns gibt. Silke

    Montag, 29. Juli 2019 um 14 | Permalink
  2. Heike schrieb:

    Oh ja, wie gut ich das kenne…spüren, irgendwas läuft schief und trotzdem weitermachen wie bisher. Auch wenn der Körper sich mit Krankheiten meldet und die Kinder Probleme haben. Solange, bis auch ich die Tür von Al-Anon durch eine Bekannte fand. Wie es die Autorin schreibt, wie es weitergeht, wissen wir nicht. Aber dass es sich für mich zum Guten hin entwickeln kann, das darf ich erleben, wenn ich meine Teil dazu beitrage. Oder: Wenn ich etwas tue, tut sich was für mich 🙂

    Mittwoch, 31. Juli 2019 um 13 | Permalink
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