
Ich wollte ganz bestimmt NICHT mit einem Alkoholiker verheiratet sein und ich wollte im Alter von 30 gerne mein erstes Kind haben und dann mit meiner Familie ein munteres, offenes Leben führen.
Und was habe ich bekommen ? Schon kurz vor der Hochzeit habe ich die ersten versteckten Schnapsflaschen gefunden und dann, wie üblich, eine mögliche Erklärung dafür gefunden und warum das dann aufhört und ihn dann trotzdem geheiratet.
Und da saß ich dann lange Zeit mit einem trinkenden Mann und vergeblich wartend auf eine Schwangerschaft. Und wie oft blieb ich auch noch isoliert alleine zu Hause, um zu verhindern, dass er wieder trinkt, oder damit das alles niemand sieht.
Dann, irgendwann, stand ich da, konnte es erkennen und einer Freundin von mir sagen, dass mein Mann wohl Alkoholiker sei. Und nach diesem Satz kam dann automatisch die Frage: Und was mache ich jetzt ??
Danach folgte das große Glück durch Suche nach einer Lösung: Al-Anon finden zu können (auch mit Hilfe von AA).
Das ist das erste Mal, wo ich mich bewusst erinnere, erst etwas erkannt und dann aktiv angenommen zu haben.
Annehmen ist für mich ein anderes Wort für „sehen, erkennen“. Oder ist das noch eine Stufe vorher? Ist auch egal, denn bei mir kam nach dem Erkennen dann immer die Frage: Und was jetzt ?
Und damit ging es dann los, dass sich das Ungewollte, das ich erlebte, in etwas Positives gewandelt hat. Heute weiß ich so unendlich viel mehr, dass alles im Leben zwei Seiten hat, die blöde Seite aber auch oft einen Gewinn, der dahinter steckt. Und dass ich an diesen Gewinn nur herankomme, wenn ich „das Ding“ aktiv anpacke, nur dann kann es sich drehen. Dann kann die Krise einen Nutzen bringen.
Leider liegt es nicht in meiner Natur, Krisen von vorne herein als etwas Positives zu betrachten, ich jammere gerne, breche auch mal zusammen, verfluche das alles und frage nach dem Sinn. Aber das alles nutzt nichts. Davon verschwindet die Krise nicht einfach!
Erst wenn ich mich wieder frage: „ OK, und was mache ich jetzt“, dann komme ich von der Reaktion in die Aktion und es beginnt eine Art Heilungsprozess, da ich mich nicht mehr so ausgeliefert fühlte. Durch meine Aktion werde ich wieder lebendiger. Wohlgemerkt: Aktion kann auch bedeuten, ganz bewusst nichts zu unternehmen. Entscheidend ist dann das Bewusstsein, abzuwarten.
Und rückblickend (aber leider nur rückblickend) kann ich oft einen Sinn erkennen, dass ich wieder mal geführt worden bin.
Diese ganze Thematik ist sehr gut in dem Al-Anon Buch „In all unseren Angelegenheiten … aus der Krise Nutzen ziehen“ beschrieben. Die ersten Kapitel befassen sich mit Bewusst-werden und Annahme. Dann folgt das Handeln und das Buch schließt mit Lieben und Vergeben.
Und gerade diese Reihenfolge kann ich eigentlich in jeder mich belastenden Situation meines Lebens anwenden, wenn ich mir dessen rechtzeitig bewusst werde und endlich bereit werde, es anzunehmen.
Margarete, Al-Anon
“In all unseren Angelegenheiten … aus der Krise Nutzen ziehen “
(Bestell-Nr. 113)
Al-Anon Familiengruppen – Zentrales Dienstbüro
Emilienstraße 4 – D – 45128 Essen
Tel. : 0201 / 77 30 07 – www.al-anon.de
2 Kommentare
Ich habe auch die Erfahrung gemacht – das Al-Anon Programm hilft mir wirklich in all meinen Angelegenheiten! Ich muss es allerdings auch anwenden!
Danke für diesen Bericht!
g24h
Rosemarie
Liebe Margarete,
das, was sich Dir und mir durch den Alkoholismus unserer Partner an „Ungewolltem“ in den Weg gestellt hat und was uns durch Al-Anon aus heutiger Sicht zur wichtigen Erfahrung geworden ist, hat Eugen Roth so wunderbar in einem Zweizeiler auf den Punkt gebracht: „Ein Mensch schaut in der Zeit zurück und sieht: Sein Unglück war sein Glück“.