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Al-Anon in Barcelona, Spanien

Foto eines MeetingsschildIch möchte mit Euch etwas ganz Besonderes teilen.
Vor noch nicht allzu vielen 24 Stunden fand ich den Weg zu Al-Anon. Es hat mein Leben verändert. An alle neuen Interessierten dort draußen, die diesen Blog lesen und verfolgen, möchte ich insbesondere mitgeben, dass dies keine Übertreibung ist. Ich bin super skeptisch in fast allen Lebenslagen, auch wenn es sich mittlerweile schon gebessert hat. Können fremde Menschen mir helfen? Wie soll das funktionieren? Ist das Leben überhaupt lebenswert? Finde es heraus und gehen zu einem Meeting in Deiner Nähe. Ich konnte mich endlich Menschen so zeigen wie ich bin. Und das Beste daran, sie verstanden mich.
Meetings sind für mich ein wesentlicher Bestandteil meiner Routine geworden. Sie helfen mir immer wieder von neuem mit meinen vielen Fragen, indem ich die Erfahrungen der anderen Gruppenmitglieder aufnehme und für mich mitnehme, was ich gebrauchen kann. Dadurch, dass ich anfing von mir zu erzählen und meine Geschichte zu teilen, fühlte ich mich mit der Zeit stärker und selbstbewusster. Ich meine damit nicht die vermeintliche Stärke meines bisherigen Alltags, meinen Schutzwall gegenüber anderen, mein Drang Dinge zu tun und zu erledigen, der Kümmerer schlechthin – nur nicht um mich selbst. Ich meine die Stärke in meinem Inneren. Mein wahres Ich. Meine Gruppe hat mich von Anfang an bestärkt auch andere Gruppen zu besuchen. Durch meinen Beruf reise ich in regelmäßigen Abständen durch Deutschland. Aktuell verschlägt es mich eher in die Berliner Region. Immer wenn ich unterwegs bin, besuche ich ein Meeting. Einmal schlitterte ich in eine A.A.-Gruppe (Anonyme Alkoholiker) und merkte es erst Minuten nachdem ich mich setzte. Von der parallel stattfindenden Al-Anon-Gruppe war an diesem Tag keiner da. Also blieb ich, und durfte es. Als „Erwachsenes Kind“ (aufgewachsen in einer alkoholkranken Familie) sprach ich danach die einzige Frau an, ein langjähriges trockenes A.A.-Mitglied. Wir sprachen eine Weile über meine Mutter. Unendlich dankbar bin ich auch über diese Erfahrung.Anfang April reiste ich mit meiner Schwester, fünf Jahre jünger als ich, nach Barcelona. Zuvor feierten wir groß ihren runden Geburtstag. Für mich stand es fest mein erstes Auslandsmeeting zu besuchen. In Barcelona findet aktuell genau ein englisch sprachiges Meeting statt. Obwohl es nicht nötig gewesen wäre, nahm ich Kontakt mit der Meeting Sprecherin über WhatsApp auf. Ich wollte sichergehen, dass es wirklich in der Woche meines Aufenthaltes stattfand. Natürlich. Es war mein Gedankenbrummkreisel, der wieder einmal Absicherung suchte.
———- The Serenity Prayer: God grant me the serenity – To accept the things I cannot change, Courage to change the things I can, And wisdom to know the difference. ———- (Gelassenheitsspruch, englisch)
An einem Donnerstag war es dann soweit. Ich ging zur Santa Maria del Pi, eine über 500 Jahre alte Kirche. An einem Nebengebäude fand ich wie beschrieben das vertraute Meeting-Schild. Es ist immer wieder schön mit soviel Lächeln begrüßt zu werden, egal wo ich mich befinde. Ungefähr 15 Personen fanden sich nach und nach ein. Die Geschichte eines weiteren Neulings wurde zuerst gehört und auch ich meldete mich in der nachfolgenden Gesprächsrunde. Ich brauchte das Meeting so sehr. Einen Tag zuvor erfuhr ich, dass mein Onkel gestorben ist. Er war langjähriger Alkoholiker und ist nie auf dem Boden aufgeschlagen, den er für seine Genesung gebraucht hätte. Wir standen uns nicht nahe. Dennoch war es heftig. Die Geschichte verbindet, irgendwie. Meine Schwester trieb mich innerlich zur Weißglut. Sie hat ihre eigenen Dinge mit Mama erlebt, auch welche von denen ich erst später erfuhr. Aktuell entscheidet sie sich alles, was ihrer eigenen Genesung, nur meiner Meinung nach, gut tun würde zu ignorieren. Und so sehe ich die vielen Muster der Angehörigen- Krankheit, von denen ich einige noch mit ihr teile und einige nicht mehr. Meine Wesensänderung ignoriert sie auch, sie möchte mir nicht zugestehen, dass ich mich ändern kann, zu einer besseren Version zu mir selbst finden kann. All das konnte ich vor Ort mit der Gruppe teilen, sowie nochmal mit meiner Stammgruppe zu Hause. Auch hier hilft mir Al-Anon, den Fokus auf mich zu legen und Anderen ihr Los zu lassen. Auch, und vielleicht ganz besonders dann, wenn es sich um meine kleine Schwester handelt. Sie ist eine erwachsene Frau und so sehr ich sie mit all meiner Kraft dennoch beschützen möchte vor Schmerz und Schaden, so bin ich diesem machtlos gegenüber. Ich kann ihr nur helfen, indem ich mir selbst helfe. Und vielleicht irgendwann einmal für sie nicht nur als Bruder, sondern auch als Al-Anon Freund da zu sein.
———- Englisch Sprachige Al-Anon Familiengruppen in Spanien: http://alanonspain.org/ ———-
Die dritte Person, die ins Meeting kam, kannte ich. Sie kam mir sogleich vertraut vor. Ich kaufte mal ein Buch von ihr, in einem Berliner Meeting. Sie war auch nur eine Woche in Barcelona zum Urlaub und hier trafen wir uns wieder.
Und was ist nun das Besondere an meiner Geschichte? Für mich, alles, jedes Mal wenn ich ein Meeting besuche, egal wo.
Martin

Ein Kommentar

  1. Silke schrieb:

    Hallo Martin, ich kenne diese Geschichte schon von dir, aber sie hier zu lesen ist etwas ganz Besonderes. Du bist auf einem guten Weg.

    Dienstag, 5. Juni 2018 um 20 | Permalink
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