Für wen ist es nicht eine beklemmende Vorstellung, im Dunklen zu tappen, keinen Ausweg zu finden, das Gefühl zu haben, sich hoffnungslos im Kreis zu bewegen?
Ich denke, das brauche ich Angehörige von Al-Anon nicht zu fragen, denn sie wissen aus eigener Erfahrung, was ich meine. Ich kenne jedenfalls niemand, der das nicht hautnah mit der Familienkrankheit Alkoholismus erlebt hat.
Gut kann ich mich noch an Zeiten erinnern, in denen auch ich im Dunklen tappte. Ganz im Gegensatz zu dem hier abgebildeten grünen Irrgarten mit leuchtenden Hinweisen, war das für mich kein Spaziergang und gewiss keine Zeit, die ich gerne noch einmal erleben möchte.
Seelisch befand ich mich in einer verworrenen, vermeintlich ausweglosen und Angst einflößenden Umgebung. Hinweise und Ratschläge wurden mir zwar von allen möglichen Seiten – scheinbar wohlmeinend – zugerufen, doch es war wie verhext; sie führten mich nicht zum Ausgang, sondern nur immer tiefer in den Schlamassel. Wie oft überkam mich das ohnmächtige Gefühl gegen etwas Dunkles und Übermächtiges anzukämpfen; einen unsichtbaren Feind vor mir zu haben, gegen den ich nichts ausrichten konnte: die Zerstörung meines Lebens durch die Abhängigkeit meiner Frau vom Alkohol.
Nachträglich betrachtet ist mir heute noch vieles ein Rätsel. Ich kann zum Beispiel nicht erklären, welche Macht mich aus dieser Verirrung und Verwirrung herausgeführt hat. Das ist wohl deshalb, weil sich diese Macht von niemand erklären lässt. Doch ich weiß, welchen Werkzeugs sich diese Macht bedient hat; das Werkzeug heißt auch heute noch für mich Al-Anon.
Und eines weiß ich heute auch ganz sicher. Wenn ich nicht bereit gewesen wäre, mir helfen zu lassen, wäre ich noch heute in diesem Labyrinth. Und das wäre nicht solch ein schöner grüner Garten mit hilfreichen „Wegweisern“, wie ich die Slogans von Al-Anon einmal nennen möchte.
4 Kommentare
Lieber Hubert,
Danke für das richtig schöne Kraft-Spendende Labyrinth der Wörter!
Lieber Hubert,
danke für Deinen wunderbaren Beitrag. So wirkt Al-Anon!
Lieber Hubert, danke für Deinen Text. Ich habe mich sehr angesprochen gefühlt durch die Schilderung Deiner Gefühle. Ich bin schon etliche 24 Stunden bei Al-Anon, war fast 9 Jahre mit einem trockenen Alkoholiker zusammen, der regelmäßig zu AA geht.Diese Beziehung hat mich geschädigt durch das häufige Gefühl von Unsicherheit und Angst, das ich dabei hatte, obwohl es sehr viel positive Dinge gab, die uns verbanden. Oft verstand ich diese Angst überhaupt nicht: es wurde nicht getrunken, wir haben beide versucht, nach dem Programm zu leben, wir hatten liebevolle Freunde in Al-Anon und AA. Ich wurde letztes Jahr plötzlich schwer krank und musste erfahren, dass ich in dieser Beziehung nicht aufgehoben war und dass der Andere nur noch sein eigenes Leben führte, unehrlich war und mich in der schwersten Situation meines Lebens alleine ließ. Meine Höhere Macht hat mir in meiner tiefsten Verzweiflung eine ganz klare Botschaft geschickt: Diese Beziehung schadet Dir, Du kannst nicht gleichzeitig mit dieser Krankheit und dem Alkoholiker fertig werden. Geh! Ich musste den aussichtslosen Kampf um Liebe und Verbindlichkeit aufgeben, er war nicht zu gewinnen.
Dies ist keine Erfolgsstory.Meine Erfahrung ist, dass es trockene Alkoholiker gibt, die trotz AA und andauernder Trockenheit nicht zu Ehrlichkeit sich selbst und ihren Angehörigen finden und damit Andere schädigen.
Ich denke manchmal, dass ich mich in diesen 9 Jahren so ähnlich wie ein Kind aus alkoholkranker Familie gefühlt habe. Das Schlimmste war der Nebel, in dem ich mich oft befunden habe. Ich bin gegen Lügen und falsche Versprechungen irgendwie nicht gefeit, mein Körper fühlt, dass etwas nicht stimmt, aber mein Hirn will es einfach nicht wahrhaben. Damit habe ich im Moment ganz schlimm zu tun.
Die Gruppen helfen mir, indem ich Liebe und Ermutigung finde, obwohl ich oft auch noch mit einem Gefühl der Scham zu tun habe, dass ich mich so habe einlullen lassen, dass ich nicht auf meine Gefühle von Angst und Beklemmung gehört habe. Ich hatte nicht den Mut, die Realität anzuschauen. Das darf ich jetzt und die Meetings und die Freunde begleiten mich mit ihrer Liebe und ihrem Verständnis. Dafür bin ich dankbar.
Ich darf gerade wieder erleben, wie Al-Anon einer jungen Frau hilft, die seit kurzem regelmäßig zu uns ins Meeting kommt. Wunderbar im wahrsten Sinne des Wortes!