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Al-Anon hat mein Leben verändert

Foto rosa MohnblüteIn meiner Kindheit und auch noch als junge Frau erlebte ich zu Hause meinen Vater unter Alkoholeinfluss sehr aggressiv. Bis etwa zu meinem 12. Lebensjahr wohnten wir sehr beengt. Nach dem Krieg war dies allerdings nichts Ungewöhnliches. Erzogen – nicht wehren – … Missbrauch.

Als ich meinen Mann näher kennenlernte, war meine Mutter gegen unsere Heirat. Sie hatte vermutlich einen richtigen „Riecher“ – sechs Wochen nach der Hochzeit hatte mein Mann das erste Mal den Führerschein wegen Alkohol weg. Acht Jahre später das zweite Mal. Ich ließ meinen Mann die Suppe jedoch nicht selbst auslöffeln, sondern fuhr ihn jeden Tag zur Arbeit und holte ihn ab!
Ich ging zu einer Beratungsstelle. Dort hieß es „Besorgen sie ihrem Mann keinen Alkohol mehr!“ Ich versuchte es, doch mein Mann machte Terror und ich ließ das Bierauto wieder, mit immer höher werdenden Stapeln, Bierkisten abladen. Ein Versuch Bier mit wenig Alkohol abladen zu lassen war natürlich auch kein Erfolg.
Eines Nachts – mein Mann hatte wegen eines sehr, sehr hohen Blutdrucks Arznei von der Urlaubsvertretung verschrieben bekommen und auf Zigaretten und Alkohol seit ein paar Tagen verzichtet – bekam mein Mann ein Delirium. Ich wusste allerdings nicht, was das ist und was es bedeutet. Morgens um 7 Uhr telefonierte ich mit dem Arzt. Eine „grüne Minna“ Zwangseinweisung lehnte ich damals ab. Der Nervenarzt gab meinem Mann als 1. eine Zigarette gegen die Entzugserscheinungen und erklärte mir, ich müsse den Arbeitskollegen meines Mannes sagen, sie dürften ihm kein Bier mehr geben …
Nach weiteren sechs Jahren besuchte ich einen Kurs über „Angst“. Dort erwähnte ich auch Alkohol als Angstmacher. Eine junge Frau erzählte von Al-Anon und noch heute bin ich dem Leiter des Kurses sehr dankbar, dass er mich mit knallharten Worten ermunterte, mit zu Al-Anon zu gehen. Welche Befreiung erlebte ich als ich hörte, Alkoholismus ist eine Krankheit und ich bin nicht schuld daran!

Mir war auch überhaupt nicht bewusst, dass ich meinen Mann, meine Umgebung bevormunde, wenn ich für alles die Verantwortung übernehme. Notgedrungen, hatte ich immer mehr Aufgaben übernommen, um irgendwie mit der Familie durchzukommen.
Dank der wöchentlichen Meetings, viel lesen in der Literatur, konnte ich einiges an meinen Verhaltensweisen ändern. Ich konnte zu meinem Mann sagen: „Ich besorge dir keinen Alkohol mehr, wenn du einen brauchst, hole ihn dir selbst!“ Ich bekam durch Al-Anon die Kraft, auch konsequent zu sein. „Loslassen – im Loslassen reich werden“. In immer mehr Bereichen schaffte ich es, die Verantwortung meinem Mann zurückzugeben und ihn nicht mehr als „Kind“ zu behandeln.Zuzuschauen und etwas nicht zu tun war jedoch verdammt schwer. Mein Mann war davon ja auch nicht gerade begeistert, dass Druck und Terror von ihm nichts mehr nützten. Neu für ihn und mich, war auch, dass ein „nein“ auch ein „nein“ blieb. Eine Al-Anon Freundin sagte immer: „Konsequent sein, konsequent sein!“ Also musste ich vorher überlegen: wo traue ich mir zu, konsequent zu sein.
Keine Entschuldigung beim Arbeitgeber! Nach einer sehr schlimmen Nacht, in der ich das erste und einzige Mal, aus dem gemeinsamen Schlafzimmer auszog, wurde der Arbeitgeber aktiv. Das war das letzte Mal, dass mein Mann betrunken war – ca. fünf Monate, nachdem ich zu Al-Anon gefunden hatte. Es macht mich heute noch sehr dankbar. Meinem Mann wurde eine halbjährige stationäre Therapie genehmigt. Unser Leben verbesserte sich immer mehr. Für nahezu drei „trockene“ Jahrzehnte mit meinem Mann bin ich sehr dankbar. Auch nach seinem Tod vor einigen Jahren gehe ich zu den Al-Anon Meetings.
Al-Anon ist für mich ein Lebensprogramm. Ich finde es sehr wichtig, Erfahrung, Kraft und Hoffnung mit Anderen auszutauschen und an mir zu arbeiten. Allzu leicht rutsche ich sonst wieder in alte, tiefverwurzelte Gewohnheiten zurück. Immer wieder die Frage an mich selbst: „Wo liegt meine Verantwortung – wo muss ich loslassen?“ Für mich bin ich selbst verantwortlich!

Eine dankbare Al-Anon

 

 

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