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Wiedergutmachung

Foto von einer Brücke im ParkDas Beschäftigen mit dem Programm von Al-Anon brachte mich sehr schnell zum Achten und Neunten Schritt, wo es um die Wiedergutmachung geht. Ich war wild entschlossen mich bei allen Menschen, denen ich in irgendeiner Weise geschadet hatte, zu melden und Buße zu tun.
Die Ungeduld war mein Motor. Manche Menschen wollten nicht mit mir aufräumen. Meine Mutter tat meine Versuche mit dem altbekannten Spruch ab: „ Ach, das ist doch Vergangenheit, die lassen wir besser ruhen!“ Klar, unter den Teppich und so lange über die Beulen laufen, bis keiner mehr stolpert.
Auch bei einer meinen Schwestern wurde mein Wunsch nach einer Aussprache blockiert. Manche Menschen waren schon gestorben und da ging nichts mehr in direkter Wiedergutmachung. Ich fand Lösungen dafür, indem ich Briefe an sie schrieb und so meinen Frieden machen konnte.
Irgendwann sah ich dann auch die Notwendigkeit bei mir Wiedergutmachung zu leisten. Wunden heilen zu lassen, neue Verhaltensweise langsam in mein Leben zu integrieren, anders zu handeln und diesen Schritt als Grundlage zum inneren klar Schiff machen zu nehmen.
Selbst nach vielen Jahren der Zugehörigkeit kommen beim Gedanken an manche Menschen bei mir alte, meist negative, Erinnerungen auf und ich frage mich, wie ich vielleicht doch noch diesen Schritt mit ihnen gehen kann.
Im Meeting kam für mich ein ganz neuer Aspekt des Neunten Schrittes ins Betracht. Beim Lesen aus unserem Flyer: „Erklärung der Zwölf Schritte und Zwölf Traditionen“ war die Sprache von der indirekten Wiedergutmachung. Ja, das war kein Verdrücken vor der Verantwortung, sondern ein Tun oder

Lassen an anderen Stellen. Ich habe gelernt meinen Nachbarn oder Freunden keine Geschichten mehr zu erzählen, damit meine Familie gut dasteht. Die Arbeitslosigkeit, die verpasste Prüfung, die Geldsorgen, der Knatsch in der Partnerschaft oder die Angst um die Nachkommen müssen nicht mehr in irgendeine Geschichte gepackt werden, damit ich gut dastehe. Wie erleichternd. Auch kann ich geben ohne irgendetwas zu erwarten. Nicht einmal ein Dankeschön, weil ich meine Eigenarten kennen gelernt habe. Auch ich vergesse es mal und das nicht in böser Absicht.
Das ist für mich Wiedergutmachung unter dem Aspekt: ich mache etwas heute so gut, wie ich es im Moment kann. Das bringt mich wieder dahin zurück, dass ich zuerst mit mir gut umgehen muss, damit ich auch bewusst diese Schritte mit meinen Mitmenschen gehen kann. Es ist unwichtig ob sie nach meinem Verständnis durch mich Schaden genommen haben. Fühlt es sich für mich mit dem Gedanken an sie oder die Situationen von damals nicht gut an und habe ich nicht die Möglichkeit das persönlich zu regeln, darf ich meine Wiedergutmachung auch an anderer Stelle leisten. Solange ich ehrlich mit mir bin, bin ich auf dem richtigen Weg.
Danke Al-Anon für diese wertvollen Werkzeuge

Ein Kommentar

  1. Heike schrieb:

    Danke, liebe Al-Anon, für diesen wunderbaren Beitrag! Bei meiner Arbeit in den Schritten habe ich mich auch kürzlich im Neunten Schritt mit dieser Frage beschäftigt. Wiedergutmachung bei meinem längst verstorbenen Opa zu leisten war mein Anliegen. Ich konnte ihm ja trotzdem einen Brief schreiben und diesen meiner Sponsorin vorlesen – dadurch auch nochmal Gefühle bei mir zulassen – welch eine Erleichterung und ein Geschenk. Und ich übe nun, mein damaliges Verhalten (ihn innerlich oft abgewertet zu haben) heute in meinen Begegnungen und Beziehungen durch Wertschätzung und respektvollen Umgang zu ersetzen. Dank Al-Anon lerne ich immer weiter und erkenne an, dass jeder sein Bestes gibt. Auch ich.

    Mittwoch, 11. April 2018 um 17 | Permalink
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