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Al-Anon wird 50

Abbildung einer GeburtstagszahlMeine Al-Anon-Gruppe hat den fünfzigsten Geburtstag von Al-Anon mit einem kleinen Gartenfest gefeiert.
Kurz vor Beginn der Feier hat mir meine beste Freundin erzählt, dass sie schwanger ist – ich war so stolz, dass ich mich für sie freuen konnte!
Ich selbst bin in alkoholkranker Familie aufgewachsen – und obwohl viele meiner Al-Anon Freunde um mich herum genesen und strahlen und sich für gesunde Nähe und Liebe öffnen und lernen, sie zu leben, beobachte ich sie noch von der Seitenlinie. Jemand zu sein, der dem Leben vertraut und sich ihm wieder öffnet und sich für andere freuen kann – das ist die Person, die ich in Al-Anon werde. Jedenfalls kam ich nun prompt fast zu spät, ignorierte in der Eile meine Co-Moderatorin und hatte aus schlechtem Gewissen heraus meine Mauern hochgezogen, bereit zum Angriff, sobald jemand sauer auf mich war (in Al-Anon nennt man das auch „das Leben nicht meistern können“). Aber ich bin nicht ohne Grund in Al-Anon: Ich atmete tief, tief durch. Ich nahm mich damit an, dass das eine besondere Situation war – und andere mich durchaus auch mal doof finden dürfen. Und ich erinnerte mich daran, dass ich in Al-Anon bin, um zu lernen, gesund mit Konflikten umzugehen.
Meine Co-Moderatorin und ich fassten uns an den Händen und erzählten uns ruhig, in einem vertrauten Austausch, was in uns vorgegangen war und schließlich waren die Freude und die Nähe wieder da. Und was war das für ein schönes Fest! Wir hatten zu einer Art Geschichtsstunde geladen, und erfuhren von denen, die ganz, ganz am Anfang in Berlin mit dabei waren, wie die ersten Meetings entstanden sind.

Und ich war besonders froh und dankbar. In meiner Jugend hatte ich keine Freunde, ich hab meine Gefühle verdrängt und fühlte mich stets wie hinter einer grauen Wand und fragte mich, warum andere sich in dieser Welt wohl wohlfühlten und wie um alles in der Welt sie das anstellten.

Am Sonntag war ich umgeben von Menschen, die mich lieben und die ich zurück lieben kann, die mich kennen, die ich an mich heranlassen kann. Und in einer der härteren Zeiten meines Lebens (meine alkoholkranke Mutter ist vor zwei Monaten gestorben) konnte ich traurig und glücklich zugleich sein, unperfekt und lernend, schwer und leicht, aber vor allem geborgen und endlich nicht mehr allein.

Eine Al-Anon

 

 

Ein Kommentar

  1. Heike schrieb:

    Liebe Al-Anon-Freundin,
    vielen Dank, dass Du Deine Erfahrungen mit uns teilst.
    Ich fühle mit Dir, mit Deiner Freude über diesen Sonntag, an dem Du Deine Mauern vorsichtshalber hochgezogen hast und selbst wieder einreißen konntest. Du schilderst Deine Erleichterung über den vertrauten, einfühlsamen Umgang mit Deiner Co-Moderatorin. Und wie Du dann ganz auf-machtest für die Gruppenfreunde und für diesen Tag. Gott sei Dank, dass wir Erfahrung, Kraft und Hoffnung miteinander teilen dürfen. Das ist Al-Anon life. Du bist angekommen – herzlich willkommen! Endlich in unserem Leben, mit Al-Anon, dürfen wir Vertrauen. Endlich Gefühle fühlen anstatt zu verdrängen, und Mich-Annehmen-wie-ich-eben-bin. Endlich sind wir geborgen und nicht mehr allein. Endlich gibt es die anderen Seiten des Lebens auch für uns: glücklich und froh sein, dankbar-unperfekt, friedlich lernend, frei und leicht.
    Danke, dass Du mich an meine ersten Al-Anon-Erfahrungen erinnerst, die Deinen in vielem ähnlich sind.
    Gute vierundzwanzig Stunden, komm wieder, es hilft.
    In herzlicher Al-Anon-Verbundenheit, Heike

    Sonntag, 2. Juli 2017 um 22 | Permalink
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